Mapping Transformation in Opera in South Africa (1994-2022) - The Impact of Democracy on an 'Elite Artform' (AT)
Das interdisziplinäre Habilitationsprojekt, das an den Schnittstellen der Historischen Musikwissenschaft, den Performance Studies, der Musiksoziologie und -anthropologie angesiedelt ist, analysiert erstmals umfassend die unterschiedlichen Transformationsprozesse der südafrikanischen Oper seit der Demokratisierung. Da Opern als Institution und Gattung während der Apartheid als ein politisches Instrument zur Darstellung von Macht und kultureller Überlegenheit einer „Elite“ verwendet wurden, benötigten sie seit dem Übergang zur Demokratie einen „Image“-Wechsel.
Ein Ziel des Projektes ist es, erstmals überregional zu identifizieren, wer in Südafrika seit der Auflösung der Performing Arts Boards Opern produziert. Anschließend werden die Produktionsbedingungen dieser Operngesellschaften und Ensembles im Rahmen ihres sozio-politischen Kontextes sowohl im Hinblick auf ihre Finanzierung, institutionellen Strukturen und Personal, als auch auf ihr aktives Repertoire und Publikum untersucht.
Ein weiteres Ziel bildet die Darstellung von Transformationsprozessen der Gattungsform und -ästhetik in Südafrika. In der Analyse der Transformationsprozesse wird u.a. danach gefragt, inwieweit die institutionellen Strukturen und Produktionsbedingungen Einfluss auf die jeweilige Stoffwahl und ästhetische Umsetzung der Produktionen haben. Der Fokus wird dabei zum einen auf Adaptionen des traditionellen Kanons, die in einem südafrikanischen Kontext inszeniert werden, und zum anderen auf Neukompositionen, die von südafrikanischen Komponisten und/oder Librettistinnen und Librettisten verfasst wurden, gelegt. Im dia- und synchronen Vergleich soll herausgefunden werden, welche impliziten Intentionen (z.B. neue Identitäts-, Gemeinschafts-, oder Gesellschaftsbildung) mit den Opernproduktionen in der noch jungen Demokratie verbunden werden, und ob sich diese durch ihre unterschiedlichen Strukturen voneinander abgrenzen oder sich überlagern.
Zudem ist im Rahmen der Transformationsprozesse der Gattungsform und -ästhetik eine kompositorische Auseinandersetzung mit den Neukompositionen unerlässlich, um das Forschungsprojekt kritisch in den jungen Forschungsfeldern der „Black Opera“ und „African Art Music Production“ zu positionieren. Dabei werden nicht nur die in der Wissenschaft und Praxis unterschiedlichen Begrifflichkeiten einer „indigenisierten“, „afrikanischen“ und/oder „Black Opera“ auf ihre Anwendbarkeit und Passgenauigkeit für das südafrikanische Opernrepertoire hin problematisiert, sondern auch die Intentionen für deren Verwendung hinterfragt. Meine Forschungsarbeit wird offenlegen, in welchem Maße ein musikhistorisches „Black Empowerment“ in Südafrika greifbar ist, wenn nicht nur einzelne Werke, sondern auch institutionelle Strukturen und ihr Repertoire umfassend in den Blick genommen werden.
Während Erinnerungskultur, Nostalgie und Versöhnungspolitik für ein „Nation Building“ nach 1994 zuerst zentral waren, werde ich aufzeigen, dass zunehmend Neukompositionen und Inszenierungen entstehen, die sich sozialkritischen Themen widmen. Dabei werden meine Repertoireanalysen, anknüpfend an die theaterwissenschaftlichen Studien in Südafrika von Yvette Hutchison, zeigen, wie frühere Positionen zu Ethnizität, Geschlecht, Klasse und Geschichte inhaltlich und musikalisch neu verhandelt werden und aktuelle Diskussionen über Identität, Geschichte und den Umgang mit Diskriminierungen und Gewalt reflektieren und beeinflussen.