Verflechtung und Interaktivität: Eine Studie über Recht und Opéra-Comique von
1780 bis 1814
Seit 1714, als die Opéra-Comique als Operngattung noch eine Art experimentelles Musikdrama war, das in den Théâtres de la Foire aufgeführt wurde, hatte sich die Gattung stets in einem außerordentlich begrenzten Rechtsraum entwickelt und ihre relevanten Angelegenheiten betrieben. Der freie Raum, der sich aus einem von der Nationalversammlung am 13. Januar 1791 erlassenen Gesetz ergab, bestand zwar nur für kurze Zeit, eröffnete dem Genre jedoch Möglichkeiten, sich Privilegien zu nähern, die es zuvor nicht gehabt hatte. Als Erbe des Ancien Régime wurden zahlreiche Werke dieses Genres von den nach der französischen Revolution errichteten Behörden, von einer Reihe von Revolutionsregierungen bis hin zum Ersten Französischen Kaiserreich, immer wieder für politische Propaganda eingesetzt. Neben den Werken, die darauf abzielten, die nationale und politische Identität der Bürger zu stärken, diente ein Teil der Werke auch der Verbreitung des modernen Rechtsdenkens, denn die politischen Diskurse, die in den Produktionen impliziert werden, lassen sich bis zu einem gewissen Grad auch in eine Art juristische Öffentlichkeitsarbeit und Bildung übersetzen. Dies zeigt, dass das Recht an den Angelegenheiten der Opéra-comique teilhatte, aber das Genre auch das Recht brach und somit am Aufbau des Rechtssystems beteiligt war. In der turbulenten Zeit von 1780 bis 1814 verstrickten sich eine Art Gesellschaftssystem und eine Operngattung, die auf den ersten Blick wie zwei durch immense kulturelle und thematische Unterschiede getrennte Fremdwörter erscheinen, in Verwicklungen. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht daher die Aufdeckung dieser komplizierten Beziehung und die Bestimmung der sozialen Rolle, die die Opéra-comique in der Modernisierung der französischen Gesellschaft in dem betreffenden Zeitraum spielte, indem Referenzen, Archive, Operntexte und Papiermedien aus der Perspektive der traditionellen Geschichtsschreibung, der Musikwissenschaft und der Soziologie ausgewertet werden.
Dieses Projekt wird drei Hauptforschungsfragen aufwerfen. Erstens: Welche Auswirkungen hatten die ständigen Reformen des Rechtssystems auf die Angelegenheiten der Opéra-comique? Zweitens: Welche rechtlichen Fragen haben repräsentative Werke des Genres aufgeworfen, wie wurden diese rechtlichen Fragen in den literarischen und musikalischen Texten der Werke ausgedrückt, und welche Beziehung besteht zwischen diesen beschriebenen rechtlichen Fragen und dem Rechtssystem? Drittens und letztens: Wie wurden diese Werke rezipiert, und konnten die Kommentare und die Einstellung des Publikums zu den Werken die Komponisten und Librettisten dazu veranlassen, die Werke zu überarbeiten und die Behörden zu einer Gesetzesreform zu bewegen?
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen die Gründe für das leidenschaftliche Interesse der Opéra-comique an politischen Äußerungen erhellen, zusätzliche Belege und Erklärungen für das zweideutige und wechselhafte Verhältnis zwischen Theaterwerken und explizit politischen Inhalten liefern und die praktischen Beiträge der Opernform zu einer turbulenten Gesellschaft erhellen.