Klanglichkeit als intermediale Kategorie höfischer Festrituale in interkultureller Perspektive im 15.-17. Jahrhundert
Ob am osmanischen Hof oder den burgundisch-habsburgischen Residenzen, musikalisch-akustische Ereignisse bildeten über Kontinente hinweg einen wesentlichen Bestandteil bei der Inszenierung höfischer Feste und Rituale. Ihre spezifische Wirkung entfalteten klangliche Momente jedoch immer in Wechselwirkung mit anderen Medien, weshalb sie im Grunde genommen nicht als losgelöste Phänomene zu verstehen sind. An diesen zentralen Punkten greift das vom Schweizer Nationalfonds geförderte Projekt an.
Ausgehend davon, dass Herrscherdynastien allerorten die Macht der Musik bewusst einsetzten, werden unterschiedliche höfische Kulturen und ihre Festlichkeiten in den Blick genommen, verglichen und nach ihrer intermedialen Organisation, Wechselwirkung und Transferprozessen gefragt. Im Zentrum stehen vor allem die Hofkulturen der Sultane des Osmanischen Reiches, der Herzöge von Burgund und der Habsburgischen Kaiser, deren komplexe klanglich-musikalischen Inszenierungsstrategien in zwei Subprojekten untersucht werden.
Anhand ausgesuchter, besonders gut dokumentierter Festlichkeiten des 15. bis 17. Jahrhunderts wird exemplarisch erforscht, in welcher Weise Musik und Klang gemeinsam mit anderen medialen Ereignissen zur Inszenierung von Festen und Ritualen genutzt wurden. Musik wird dabei nicht als losgelöster Bestandteil im Sinne der traditionellen Werkgeschichte verstanden und untersucht, sondern als integrativ wirkende Größe, die nur im Verein mit anderen Medien die gedachte Wirkung entfalten konnte, um schließlich in der gewünschten Überwältigungsstrategie zu münden. Ziel ist es, die Funktion und Organisation von Klang und Musik in zeitlicher, räumlicher, sinnlicher und emotionaler Perspektive zu erfassen und daran anknüpfend allgemeingültige Modellhaftigkeiten der klanglichen Festorganisation herauszuarbeiten.
Durch eine internationale Tagung, die noch weitere Beispiele aus monarchisch strukturierten Kulturen in und fernab des europäischen Raumes vorstellt und deren musikalisch-akustische Festorganisation im Medienverbund erörtert, soll die Perspektive nochmals geweitet, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kulturen herausgearbeitet, die Gültigkeit der in den Subprojekten erarbeiteten Entwürfe diskutiert werden.
Finanzierung und Projektdauer
Das Forschungsprojekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Es startete im März 2019 und ist auf eine Dauer von vier Jahren ausgelegt.