Narration und Transformation des Wasserpuppentheaters im 20. Jahrhundert: Von regionaler spiritueller Praxis zu nationalem Kulturgut und globaler Touristenattraktion
Wasserpuppentheater ist eine Musikfigurentheaterform, die im Kulturleben des gegenwärtigen Vietnam eine markante Rolle spielt. Seit der wirtschaftlichen Öffnung Vietnams (Mitte der 1980er Jahre) und des damit einhergehenden Aufbaus einer vietnamesischen Tourismusindustrie, wird es als ikonische Kunstform Vietnams präsentiert und im internationalen Tourismusbetrieb entsprechend vermarktet. In diesem Zusammenhang wird Wasserpuppentheater üblicherweise als Genre beschrieben, das ebenso alt sei wie die vietnamesische Nation und über einen Zeitraum von rund 1000 Jahren stabil tradiert wurde.
Tatsächlich unterlag das Wasserpuppentheater im 20. Jahrhundert einem massiven Wandel. Dieser Wandel verlief parallel zu den politischen Umbrüchen und gesellschaftlichen Transformationen in Vietnam (im Wesentlichen waren dies: Kolonialismus, Dekolonisation, Revolution, Erster Indochinakrieg, Zweiter Indochinakrieg/Vietnamkrieg und marktwirtschaftliche Reformen). In der Forschung zum Wasserpuppentheater wird dieser Wandel des Genres bislang jedoch nur ansatzweise beschrieben. In meiner Arbeit gehe ich diesen Veränderungen auf den Grund, stelle sie in einen historischen Kontext und untersuche, wie Narrative über das Genre, nationale Geschichtspolitik und der Wandel des Genres ineinandergreifen.